Wer etwas Neues in sein Leben lassen will, darf nicht zu viel Altes haben. Aber wohin mit den alten Dingen, die einen bei der Umsetzung von Plänen nur wie Steine am Hals hängen? Stephanie Selmer, Expertin für Change-Kommunikation, schlägt eine originelle Lösung vor: Das Tagebuch der vergangen Dinge.
Die wunderbaren Kerzen vom letzten Geburtstag, Bücher, Kleinmöbel, elektronische Geräte, Kühlschrankmagnete und vieles mehr: Mit der Zeit häuft man so einiges an. Das ist ganz normal. Doch je mehr Dinge Einzug halten und wegen des Gedankens „Das kann ich nochmal brauchen“ bleiben, desto belastender kann das werden. Insbesondere, wenn man neue Pläne realisieren will und Platz für Neues braucht.
Mir ging es auch so. Viele Dinge hatte ich nur da, weil ich einfach nie darüber nachgedacht hatte, wie befreiend es sein kann, wenn sie nicht mehr da sind. Aber das Aussortieren fiel mir schwer. Bei vielen Erinnerungsstücken oder gerade bei Büchern war der Abschiedsschmerz für mich einfach jedes Mal groß. Gleichzeitig merkte ich, wie mich der Besitz von Dingen, die ich nicht mehr brauchte, lähmte. Meine Wohnung erschien mir unordentlich, die Schränke und Schubladen viel zu voll – auch wenn das für Außenstehende nie so sichtbar war.
Als mich vor einiger Zeit beruflich neu aufstellen wollte, war mir klar, dass mir das viel leichter gelingen würde, wenn ich nicht nur in meinem Kopf, sondern auch in meiner Wohnung Platz für Neues schaffte. Aber wie sollte mir das gelingen, wenn ich doch an so vielen Dingen emotional hänge? Ich entschied mich für eine pragmatische Vorgehensweise. Dazu habe ich zunächst alle Dinge in meiner Wohnung in zwei Kategorien unterteilt:
Ich bin mit dem folgenden Gedanken durch die Wohnung gegangen:
„Stell dir vor, du müsstest nach China ziehen. Du weißt, dass der Umzug eine Menge Geld kostet. Es lohnt sich nicht, zu viel mitzunehmen, weil der Transport mehr kostet als die Dinge selbst. Du nimmst also nur besondere Dinge mit. Was wäre das?“
Zu meiner Überraschung dann gar nicht viel übrig, was ich wirklich behalten will. Meist sind es praktische Dinge oder aber geliebte Erinnerungsstücke wie die Kranich-Figur, die ich im Alter von vier Jahren im Armdrücken gegen meinen Vater gewonnen hatte. Heute glaube ich, er hat mich gewinnen lassen 😉 Oder die Schachtel, die mir ein Freund vor fast 30 Jahren aus den USA geschickt hat und in der ich Briefe, Postkarten und Fotos aufbewahre.
Viele andere Dinge aber, merkte ich, können weg. Seitdem verlässt mich jeden Tag ein Gegenstand aus meiner Wohnung. Vieles verschenke ich, anderes verkaufe ich, ein paar Dinge werfe ich einfach in den Müll.
Aber bevor mich ein Gegenstand verlässt, verewige ich ihn in meinem ‚Tagebuch der vergangenen Dinge‘. Das ist ein elektronisches Notizbuch, bei dem ich in einer Tabelle diese Gegenstände mit Bild verewige. Zu jedem Datum gibt es ein Foto des Gegenstandes, den ich weggebe und häufig gibt es dazu noch einen kleinen Text. Damit schaffe ich Platz, behalte aber eine nette oder sogar lustige Erinnerung.
Mein Rat an alle, die Platz für Neues in ihrem Leben brauchen: Stelle fest, was du wirklich brauchst. Von dem anderen trenne dich – und wenn du den Gegenstand zumindest noch als Erinnerung behalten willst, dann schaffe auch dir ein Tagebuch der vergangenen Dinge. Du wirst sehen, es macht Spaß und befreit gleichzeitig.
Wenn ich das Tagebuch öffne und mir die Fotos ansehe, freue ich mich über manche Gegenstände. Wenn ich die Texte lese, muss ich manchmal lachen. Aber noch nie habe ich mir einen der Gegenstände zurückgewünscht!
Illustration und Screenshot: Stephanie Selmer, https://stephanieselmer.com
Das Interview mit Stephanie Selmer im Rahmen des Buches „Gesagt ist nicht getan“ finden Sie hier.
© by Jürgen Wulff | Made with by Goeller-Mentoring.de
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